Zähmung von Meerschweinchen schlecht - oder gut?

  • Da ich gerade wieder einige Artikel vorbereite, möchte ich Euch bitten, mir wieder zu helfen bei einem kontroversen Thema. Der Titel lässt ja schon ahnen, worum es geht.

    Früher hieß es, Meerschweinchen seien einfach zu haltende, gut für Kinder geeignete Tiere. Heute liest man in Deutschland bei Meerschweinchenfreunden meistens "Meerschweinchen sind reine Beobachtungstiere". Dass die frühere Ansicht falsch ist, brauchen wir in dieser Runde vermutlich nicht zu diskutieren. Da sind wir uns einig. Aber ...

    Ich gehe derzeit davon aus, dass die zweite Ansicht genauso falsch ist. Folgende Argumente habe ich u.a. dafür:

    • Meerschweinchen sind wie z.B. Hunde sehr soziale Tiere mit einem festen Gruppenverband und klarer Hierarchie. Und sie sind intelligent genug um ihren Namen zu lernen, einzelne Worte zu verstehen u.s.w.
    • Es gibt einige Halter, die die Tiere anscheinend nicht überwältigen, wo sie aber trotzdem sich problemlos angreifen und auch zum Teil kraulen lassen.
    • Meerschweinchen sind keine Wildtiere mit der Freiheit und den Vorteilen, die das bringt (neben den Nachteilen). Sie müssen mit uns Menschen zurechtkommen und wir können ihr Leben bereichern - oder nicht.
    • Spätestens wenn ein Schweinchen vorübergehend oder dauerhaft pflegebedürftig wird, merken die Halter in den meisten Fällen, dass die Tiere durch den engeren Kontakt viel zutraulicher werden. Dabei ist dieser Kontakt sogar oft mit unangenehmen Dingen verbunden wie Wundspülung, Gabe von wenig schmackhafter Medizin u.ä.
    • Und in solchen Krankheitfällen würde man sich von Anfang an wünschen, ein vertrautes, entspanntes Verhältnis auch bei Nähe zu haben. Wie oft waren Halter schon mit Päppeln, Einfangen, Wiegen u.ä. überfordert!

    Aber warum wird dann derzeit hierzulande oft behauptet, Meerschweinchen wollten nicht angefasst werden, würden sich höchstens aufgeben, wenn man sie auf den Schoß nimmt u.ä?

    Ich glaube, wir sind hier "auf der anderen Seite vom Pferd gefallen"!

    Nachfolgend findet Ihr vier Videos, die jeweils nur rund 10 Minuten lang aber leider in Englisch sind. Die Halterin sagt und zeigt aus meiner Sicht, dass Meerschweinchen systematisch zu einem engen, vertrauten Verhältnis geführt werden können und dann nicht ängstlich sind oder sich aufgegeben haben. Manches an ihrer Haltung ist anders, als wir es in Deutschland in unseren Kreisen für richtig halten. Aber zum einen muss ja nicht das, was hierzulande als richtig gilt, wahr sein. Zum anderen kann sie ja in mancher Hinsicht Recht haben, in anderer weniger oder nicht.

    Ich habe in den ersten Jahren nach meinem Wiedereinstieg in die Meerschweinchenhaltung die Tiere möglichst gar nicht angefasst - auch weil 4 der ersten 5 extrem ängstlich waren. Aber mittlerweile sehe ich, wie entspannt die gleichen Schweinchen werden können, vermutlich nicht nur wegen der langen Zeit, sondern auch, weil ich seit einiger Zeit aus verschiedenen Gründen viel mehr körperlichen Kontakt mit ihnen habe.

    • Wie seht Ihr das Thema?
    • Wo liege ich falsch?
    • Was fehlt noch?

    Scotty (ca. 08/19), Landolf (ca. 02/20), Josia (08/20), Simba (06/23), Fuchsi (08/24), Fridolin (08/24) - im Herzen geblieben: Dachsi (04/18-09/24), Wuschel (04/18-11/23), Miro (ca. 02/20-10/24) - weitere Infos

  • Ich gestehe, ich erzähle Leuten gerne, dass Meerschweinchen Beobachtungstiere sind und nicht gerne angefasst werden, nämlich immer dann, wenn ich befürchte, dass sie sonst als "Kinderspielzeug" angeschafft werden. Abschreckung sozusagen. Oder Brechen der veralteten Vorstellung eines Schmusetieres.

    Wenn jemand hier zu Besuch ist und die Tiere anfassen will, dürfen sie gerne von außerhalb des Geheges versuchen sie zu streicheln und sie dafür auch mit Futter locken. Manche lasse ich auch im Gehege mit ihnen agieren, das kommt aber auf die Person an. Nur Einfangen ist tabu. Und es muss akzeptiert werden, wenn die Schweinchen keinen Kontakt wünschen.


    Ich verbringe ja täglich meistens ne Stunde oder mehr im Gehege der Schweinchen. Wer will, kann dann Kontakt haben (futter ist ein guter Anreiz, um von einer wild bettelnden Schar angefallen zu werden, sodass eine Flucht für mich unmöglich ist🤣), den Rest zwinge ich aber nicht. Hier und da mal der Versuch sie zu kraulen für gleichzeitig Futter als Bestechung, aber da können sie sich jederzeit zurückziehen und dann lasse ich sie auch. Wobei das die meisten eigentlich (zumindest für ne gewisse Zeit) erdulden. Mögen tun meine Wutzis es aber eher nicht, es ist wirklich mehr ein "Tauschgeschäft". Anfassen lassen für Extrafutter. Sie wissen, dass Ihnen in meiner Anwesenheit nichts passiert und dass sie sich jederzeit ohne Konsequenzen entziehen können, wenn sie es nicht mehr wollen.

    Ausnahme sind der wöchentliche Tüv, Tierarztbesuche, Medikamentengaben, Misten und Ausflüge in den Garten. Das sind Kontakte, die sie "ertragen" müssen. Daran gewöhnen sie sich auch meist sehr schnell. Wissen ja, dass ihnen nix schlimmes passiert. Und jedes Mal wenn ein Neuling einzieht, merke ich erst, wie ruhig und entspannt meine Bande bei diesen Dingen eigentlich ist. Trotzdem gelten für Neulinge von Anfang an dieselben Regeln, damit sie sich an die Routine gewöhnen. Das halte ich definitiv für wichtig!


    Damit fahre ich bisher also sehr gut, selbst scheue Schweinchen werden mit der Zeit recht schnell entspannt, auch wenn es je nach Charakter mal länger dauert. Und die anderen haben indes ein unheimlich großes Selbstbewusstsein mir gegenüber und Zurückhaltung ist für manche ein absolutes Fremdwort. Da wird dann eher auf den Schoß gesprungen, um das beste Futterstück zu bekommen 😆

    Liebe Grüße von den 8 Quietschnasen:

    <3 Domino, Johnny, Lavendel, Velvet, Schnuppe, Lumi, Ida und Nessaja <3

  • Ich finde den Satz falsch, dass Meerschweinchen reine Beobachtungstiere sind. Darunter stelle ich mir Frösche oder Leguane o. ä. vor. Ein Bekannter hat die und denen ist es komplett egal, wer ihnen das Futter serviert und ob ihr Mensch da ist oder nicht. Aber bei jedem unserer Meerschweinchen, auch bei der scheuen Sophie, ging die Beziehungsaufnahme weit über nur Beobachten hinaus.

    Ich denke, man muss zwischen Zwang und Freiwilligkeit unterscheiden:

    1.) Es gibt Leute, die holen ihre Meerschweinchen aus dem (meist kleinen) Käfig zu sich auf den Schoß. Die haben dabei aber gar keinen Blick dafür, dass das Meerschweinchen dort ggf. in Streckstarre verharrt. Dann wird das Meerschweinchen gestreichelt - und zwar über den ganzen Rücken. Für genau diese Leute ist es vermutlich richtig zu sagen, dass sie ihre Meerschweinchen mehr beobachten sollten. Das ist für mich aber ein Spezialfall.

    2.) Hier bei und ist es so, dass jeder Kontakt mit dem Menschen freiwillig ist. Oft gibt es eine Belohnung wenn man her kommt in Form von Essen. Unfreiwillig ist nur der wöchentliche TÜV incl. Wiegen und Tierarztbesuche.

    Minna ist eine Ausnahme: sie fordert ihre Streicheleinheiten aktiv ein , ja sie bettelt sogar danach. Wird sie gekrault, hält sie so hin, dass man gut an ihre Lieblingsstellen kommt. Im Gegenzug schleckt sie einem dann die Finger ab. Aber so war und ist keines unserer anderen Meerschweinchen.

    Ich finde nicht, dass Meerschweinchen für Kinder ungeeignet sind. Ganz im Gegenteil. Kinder können hier so viel lernen und Meerschweinchen haben jemanden, der ganz viel Zeit für sie hat.

    Wichtig ist ein Bodengehege, in das die kleinen Kinder nicht einsteigen können. Sie setzen sich an den Rand und nehmen von dort Kontakt zu den Meerschweinchen auf. Wenn sie sich angemessen verhalten, kommen die Meerschweinchen herbei und dürfen mit Gemüse belohnt werden. Wenn sie sich nicht angemessen verhalten, haben die Meerschweinchen die Möglichkeit, in den hinteren Bereich zu flüchten.

    Natürlich ist auch klar, dass immer ein verantwortungsvoller Erwachsener sich für das Wohlergehen der Tiere und für die Finanzen zuständig fühlt.

    <3Karla *2019 <3 Ludwig *18.1.2022 <3 Minna *ca. 20.8.2022 <3 Selma * 2.2.2024 <3 Amalie *ca. 25.4.2024

    Für immer im Herzen: Berta, Pieps, Charly, Greta, Emma, Sophie, Chocolate

  • Danke für Eure Beiträge. Ich will zunächst noch weitere abwarten. Eines möchte ich schon gleich antworten:

    Schweinemagd Das mit den Kindern ist ein guter Punkt. Ich habe meinen Text noch mal gelesen an dieser Stelle. Da sollte ich deutlicher machen, dass sie keine Spielgefährten oder Schmusetiere für Kinder sind. Ein größerer Hund beispielsweise wird vieles von seinen Kindern hinnehmen ohne darunter ernstlich zu leiden. Er ist weniger zart und verletzlich als Meerschweinchen, kann nicht herumgetragen werden und damit auch nicht herunterfallen und er ist normalerweise von Natur aus mehr den Menschen zugewandt.

    Ich weiß, dass alle 4 Videos zusammen über eine halbe Stunde erfordern. Wenn Euch das zuviel Zeit ist, wären das erste und vielleicht das zweite Video schon sehr aussagefähig. Es würde mich sehr interessieren, wie Ihre die Ansätze dieser Halterin einschätzt und das Verhalten bzw. die Reaktion ihrer Tiere.

    Besonders wichtig finde ich auch ihre Ansicht, dass Meerschweinchen durchaus das Schmusen genießen können, wenn sie sich daran gewöhnt haben. Sie meint, dass das Hochnehmen selbst das Problem sei, nicht der anschließende Kontakt. Das kann ich von 4 von 5 unserer aktuellen Tiere bestätigen. Sie sind auf dem Schoß entspannt, aber ganz freiwillig hochnehmen lässt sich nur Dachsi - und das erst seit kurzem, nachdem er schon rund 5 Jahre bei uns gelebt hat.

    Scotty (ca. 08/19), Landolf (ca. 02/20), Josia (08/20), Simba (06/23), Fuchsi (08/24), Fridolin (08/24) - im Herzen geblieben: Dachsi (04/18-09/24), Wuschel (04/18-11/23), Miro (ca. 02/20-10/24) - weitere Infos

  • Ich habe gestern Abend noch zwei der Videos am Fernseher angeschaut, weiß aber nicht mehr, welche es waren, da ich deinen Link dort nicht hatte.

    Ich stimme dieser Frau zu. Hoch nehmen mag eigentlich niemand von unseren Meerschweinchen. Aber sie sitzen völlig entspannt bei oder auf dem Menschen. Schlafen dort sogar fast ein und pinkeln nur im äußersen Notfall auf die Menschen, wenn die die Zeichen einfach nicht sehen.

    Ihren Ansatz, dass man den Kontakt zum Menschen immer mit etwas positivem (z.B. Futter) verbindet mache ich auch so.

    Ich habe (fast) allen Meerschweinchen beigebracht, Pfote zu geben. Also wenn sie ihren Fuß auf meine Hand setzen, gibt es einen Leckerbissen. Ich denke, das dient auch dazu, Vertrauen aufzubauen. (Nebenbei ist das auch für mich immer ein grober Check ihrer Körpertemperatur, zu kalt ist ungut).

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  • Zitat

    Aber warum wird dann derzeit hierzulande oft behauptet, Meerschweinchen wollten nicht angefasst werden, würden sich höchstens aufgeben, wenn man sie auf den Schoß nimmt u.ä?

    Ganz kurz und knapp- um keine falschen Hoffnungen zu wecken!

    Natürlich gibt es immer Meerschweinchen die sehr zutraulich werden. Aber eben nicht alle. Und wenn die Eventualität dass die Meerschweinchen nie zutraulich werden ein K.O. Kriterium für die Anschaffung ist, dann sollte man es lieber lassen.

    Erzählt man man den Leuten dass alle Meerschweinchen zahm werden wenn man es nur richtig macht, kommt bei den Meisten an: "Meerschweinchen kuscheln gerne". Und das wäre schlecht.

    Diese von dir kritisierten Aussagen richten sich in erster Linie auch nicht an engagierte Menschen wie man sie hier im Forum trifft, sondern eher an die im Zooladen kaufenden Eltern. Den die werden sich mit Sicherheit keine "10 einfachen Tipps" zu Herzen nehmen, sondern das Schweinchen einfach auf den Schoß der Kinder packen. Und wenn dieses dann regungslos sitzen bleibt, sieh an ihm gefällt das! Meerschweinchen erfolgreich gezähmt.

    Und eben diesen Leuten muss man immer und immer wieder eintrichtern dass Meerschweinchen KEINE Kuscheltiere sind, sondern Beobachtungstiere und dass ein Erstarren kein Zeichen von Gefallen ist.

    Persönlich freue ich mich wenn Schweinchen zutraulicher werden und versuche das auch zu fördern. Aber eben nur nebenbei. Ich möchte dass die Tiere glücklich sind, wenn man sie kraulen kann ist das toll, aber eben kein Muss für mich. Ich persönlich habe einfach keinen Drang danach ständig meine Tiere zu streicheln, obwohl Eddie sich z.B. sich sehr gerne kraulen lässt.

    Chili wird wohl nie besonders zutraulich werden, was ich auch nie erzwingen würde. Flips hingegen, mit einer ähnlichen Hintergrundgeschichte, ist jetzt schon sehr zutraulich. Schweinchen sind halt unterschiedlich wie ihre Halter :).

  • Ich verstehe, was Ihr meint mit dem "Schlechtreden" von Zahmwerden bei Meerschweinchen. Es ist auch wirklich ein wichtiges Anliegen, dass Meerschweinchen nicht auf die Art Nähe oder Körperkontakt suchen wie bespielsweise fast alle seelisch gesunden Hunden und Katzen. Das muss man versuchen herüberzubringen.

    Auf der anderen Seite ist es m.E. sehr schädlich, wenn einfühlsame, engagierte Halter ein unnötig schlechtes Verhältnis mit ihren Meerschweinchen haben, weil sie sich nicht getrauen, sie anzugreifen, auf dem Schoß zu halten o.ä.

    Dabei geht es nur am Rande darum, dass es für uns als Menschen schön ist, ein zutrauliches Schweinchen zu haben. Schon alleine entscheidend ist aus meiner Sicht, dass ein gutes Maß an Vertrautheit, Entspanntsein und positive Erlebnisse mit Nähe für das Tier wichtig sind!

    Davon hängt ab, wie gut ich bei Problemen mit Medikamentengaben, Päppeln, Wundspülung, aber sogar bei "zwischenschweinischen" Problemen helfen kann. Natürlich kann man auch ein panisches Tier auf den Schoß nehmen, gut festhalten und ihm dann Brei einflößen. Aber es wird schon allein aus Angst weniger oder gar nicht fressen wollen, wenn es das nicht gewohnt ist. Dann wird das Tier in der Regel nach einigen Tagen auch anfangen mehr zu entspannen und sich an die Nähe zu gewöhnen. Aber es ist doch nicht sinnvoll damit zu warten, bis ein Tier krank ist und daher ohnehin Stress hat!

    Genauso muss ich auch als Halter lernen, wie ich ein Schweinchen möglichst einfach hochnehmen und halten kann. Das bei einem kranken oder verletzten Tier zu "üben" ist nicht im Sinne des Tieres.

    Und ein wöchentlicher TÜV reicht nicht aus, um die nötige Vertrautheit aufzubauen. Da muss viel öfter dieser körperliche Kontakt stattfinden.

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  • Dabei geht es nur am Rande darum, dass es für uns als Menschen schön ist, ein zutrauliches Schweinchen zu haben. Schon alleine entscheidend ist aus meiner Sicht, dass ein gutes Maß an Vertrautheit, Entspanntsein und positive Erlebnisse mit Nähe für das Tier wichtig sind!

    Aber es ist doch nicht sinnvoll damit zu warten, bis ein Tier krank ist und daher ohnehin Stress hat!

    Absolut deiner Meinung! Aber das deckt sich schlussendlich mit dem was ich meine. Halter, die sich Tiere ausschließlich aus Eigeninteresse kaufen denken nicht an solche Szenarien bevor sie sich ein Tier anschaffen. Aber genau da muss man ansetzen, solche Leute direkt abschrecken. Wer sich wirklich den Tieren zu liebe mit einer durchdachten Haltung beschäftigt sollte sich auch diesem Thema widmen, ja. Aber diejenigen welche durch solche Sätze erreicht werden sollen möchten ihre Meerschweinchen in erster Linie nur kuscheln.

    Aber ich bin ja auf dieses Zitat eingegangen:

    Aber warum wird dann derzeit hierzulande oft behauptet, Meerschweinchen wollten nicht angefasst werden, würden sich höchstens aufgeben, wenn man sie auf den Schoß nimmt u.ä?

    Und bleibe dabei, es ist wichtig dass Menschen die keine Ahnung von Meerschweinchen haben (auch obwohl sie vielleicht schon welche haben) genau das endlich verstehen. Wenn man an dem Punkt ist, an dem man sich soweit mit seinen Tieren befasst hat dass man darüber nachdenkt wie man ihnen eine medizinische Behandlung im Ernstfall erleichtern könnte, dann ist man längst nicht mehr die Zielgruppe dieser "Abschreckungsmethoden".

  • Ich denke die beste Aussage für neue Halter ist: "Meerschweinchen brauchen oft Jahre um zahm zu werden und manche werden es nie". Meiner Erfahrung nach haben Leute, die nicht so viel Wert auf eine tiergerechte Haltung legen, oft keine Lust so lange zu warten und viel Mühe zu investieren. Es spiegelt auch die Realität wider, dass Meerschweinchen am Anfang oft reine Beobachtungstiere sind und erst später richtig mit einem interagieren. Es lässt aber auch die Option offen, dass man mit dem richtigen Umgang nach einiger Zeit mehr Zugang zu seinen Meerschweinchen haben kann.

    Bei mir kam die Idee, dass ich gezielt mit meinen Meerschweinchen bestimmte Dinge üben möchte sehr früh nach meinem Wiedereinstieg in die Haltung. Ich habe ja mit vier Böckchen gestartet, die nach ein paar Wochen alle kastriert wurden und wonach einer einen Abszess entwickelte. Das heißt ich musste sie zu einem Zeitpunkt mehrmals am Tag rausnehmen und ihnen Medikamente geben, zu dem sie mir noch kaum vertraut haben. Es war schlimm zu sehen, wie panisch die beiden Babies weggerannt sind, sobald sie mich gesehen haben und auf dem Schoß teilweise ununterbrochen zitterten. Der Tüv war dementsprechend auch sehr unentspannt. Leckerlies brachten da wenig, wenn sie nicht angerührt wurden.

    Aus Meerschweinchensicht war das auch total logisch, weil ja immer etwas doofes passiert ist, wenn ich sie rausgeholt habe. Also wollte ich das unterbrechen und habe sie immer mal wieder rausgeholt, wenn sie in einem Kuschelhaus lagen (so entfiel das Einfangen) nur um ihnen etwas Leckeres zu Fressen zu geben.

    Mit der Zeit habe ich dabei dann noch mehr Dinge eingeübt, die nützlich sein können. Mein Favorit ist, dass ich immer, bevor ich sie zurücksetze, erst meine eine Hand mit der Handfläche nach oben neben ihren Kopf halte. Irgendwann setzen sie gehen sie dann mit ihren Vorderpfoten auf meine Hand, wenn sie zurückwollen oder knabbern daran. Das ist super sinnvoll, wenn ich wie jetzt päppeln muss. Brownie kann mir so deutlich zeigen, wenn er wirklich keinen Brei mehr will.

    Manche brauchen länger um solche Dinge zu lernen, bei Anderen geht es schneller. Aber ich bin ein großer Fan davon ein bisschen mit ihnen zu trainieren.

    Die Methode fürs Streicheln aus einem der Videos habe ich (ohne es vorher gesehen zu haben) auch so angewendet. Nicht so gezielt und ohne ein Ziel vor Augen, aber so habe ich jeweils bei Floki und Oreo Stellen gefunden, die sie sich wirklich gerne kraulen lassen (wenn ihnen danach ist). Aber auch hier ist es kein Zufall, dass es Schweinchen sind, die schon lange bei mir sind. Im ersten Jahr wäre daran nie zu denken gewesen.

  • Vielleicht kannst du ja dieses Bild von gestern für deinen Artikel verwenden? An der ausgestreckten Pfote und den Augen sieht man auch deutlich, dass Minna total entspannt ist.

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  • Hochnehmen mag keiner von unseren Schweinchen. Aber für Tüv/Medikamentengabe/wöchentliche Komplettreinigung müssen sie sich fangen lassen. Per Hand ist es praktisch unmöglich, aus Angst vor Verletzungen (durch panisches Herunterspringen/Herauswinden; unser Kastrat ist Profi darin) werden alle mit Kuschelsäcken eingefangen. Meist gehen sie da schon von alleine rein, als würden sie wissen, dass es sowieso keinen Ausweg gibt. Diesen Kontakt müssen sie ertragen, es geht nicht anders. Und durch die Kuschelsäcke ist es sogar relativ entspannt für alle.

    Allerdings: Ich finde, es sind nicht nur reine Beobachtungstiere. Klar, zum Kuscheln auf der Couch eignen sie sich nicht. Aber sie sind Meister darin, verschiedene Tricks zu lernen - einige sind da begabter als andere. Unser Kastrat kann bisher neben Männchen auch eine 360 Grad Drehung und gibt neuerdings "Küsschen" auf Kommando. Fast wie ein Hund - gezwungen wurde er zu keiner Zeit dazu, das zu lernen. Eher konditioniert - das, was er von sich aus (zufällig) angeboten hat, haben wir so belohnt, dass letztendlich irgendwann diese Tricks entstanden sind. Einfach so würde er vermutlich keine Tricks aufführen, aber mit Bestechungsfutter definitiv.

    Aber er ist eher eine Ausnahme. Die Mädels können "nur" Männchen machen und lassen sich keinesfalls anfassen. Das männliche Gegenstück kann gar nicht genug davon bekommen, gekrault zu werden. Wenn man tagsüber unterwegs war und die Schweinchen begrüßt, kommen zwar alle an und man wird lautstark begrüßt, doch der Kastrat ist der einzige, der praktisch nach einem Rückenkrauler verlangt und gibt keine Ruhe, bis er "gescheit" begrüßt wurde. Den Mädels reicht es, der Hand einen kleinen Nasenstupser zu verpassen.

    Auch bei Fremden ist das nicht anders - Kastrat lässt sich anfassen und ist so unglaublich aufgeschlossen und genießt die Aufmerksamkeit richtig. Aber: All unsere Freunde/Familie wissen, dass sie keins der Schweinchen einfach so hochheben sollen (würde vermutlich sowieso nicht klappen) und wer sich versteckt und seine Ruhe will, der wird auch in Ruhe gelassen.

    Das mit dem Streicheln beim Kastraten haben wir aber nie konditioniert oder trainiert - er hat sich eines Tages einfach anfassen lassen. Unser Ziel war nie, die Schweinchen streicheln zu können, finden es aber toll, dass wir doch zumindest ein Schwein haben, was das Anfassen genauso toll findet wie wir. Achso, Angst hat er dabei nicht. Im Gegenteil: er legt sich super entspannt hin, wie Minna von Schweinemagd

    Ich denke, das Vertrauen für sowas kommt mit der Zeit - bei manchen schneller als bei anderen. Ich weiß noch, wie ängstlich meine Drei beim Tüv waren, da waren sogar Leckerlis uninteressant. Mittlerweile wissen sie schon, dass ihnen nichts böses droht.


    Zu der Sache mit Kindern mit Tieren: Alles eine Frage der Erziehung. Klingt hart, aber ist die Wahrheit. Ich bin mit den Schweinchen aufgewachsen und wusste schon immer, dass Hochnehmen zum Kuscheln ein no-go ist und das hab ich auch meinen gleichaltrigen Freunden immer gesagt, wenn sie zu Besuch waren und die Schweinchen streicheln wollten.
    Aber dieser Grundsatz im Sinne des Tieres zu handeln gilt für jedes Tier. Auch ein Hund oder eine Katze finden es bestimmt nicht toll, die ganze Zeit betatscht zu werden und wenn das Tier ruht, wird es immer in Frieden gelassen. Zum Kuscheln sind Kuscheltiere da. So habe ich es gelernt und so werde ich das auch in Zukunft mit meinen (noch nicht vorhandenen) Kindern handhaben - Respekt geht in zwei Richtungen, sowohl beim Menschen als auch beim Tier. Also, Kind und Tier/Meerschweinchen kann sogar sehr gut funktionieren, wenn dem Kind der richtige Umgang mit anderen Lebewesen beigebracht wird.

  • Meine Sichtweise dazu steht ja auch in meinem Tiervorstellungs-Beitrag, ich möchte den Punkt hier dennoch kurz ergänzen, weil er für mich wirklich wichtig ist in dem Zusammenhang:

    Zitat

    Das Handling ist und bleibt bei Tieren, die behutsam gelernt haben dem Menschen zu vertrauen, einfach deutlich entspannter für beide Seiten und es reduziert zudem die Verletzungsgefahr für Mensch und Tier. Und die Kuschelrolle stellt für mich für den Anfang eine wirklich sehr entspannte Möglichkeit im Vergleich zum Einfangen (und Greifen) mit den Händen dar. (Wobei eine Gewöhnung an die Hände durchaus im Anschluss stattfinden kann und darf, Einfangen Level 2 Quasi)😊

    Egal welches Tier, aber für mich tatsächlich besonders beim doch kleinen und „zerbrechlichen“ Meerschweinchen: Die Verletzungsgefahr fürs Tier sinkt erheblich, wenn es nicht erst panisch in jede Ecke vor mir davon rennen und dann womöglich noch aus meinen Händen raus springen will, die dann ggf. versehentlich noch „festhalten“ wollen und dabei schlimmstenfalls das Tier versehentlich verletzen oder dieses doch vom Arm springt. Und auch für mich als Mensch ist die Gefahr gebissen oder gekratzt zu werden dadurch deutlich geringer. Allein aus diesem Aspekt heraus spricht für mich bei Haustieren alles für eine behutsame und achtsame Gewöhnung der Tiere an den Menschen und an wichtige Kontrollen wie z.B. den TÜV - und bei dem gehört das Einfangen einfach dazu.

    Das ist allerdings kein Plädoyer für Zwangskuscheln. Dass nicht alle Meerschweinchen gerne auf dem Schoß sitzen und gekuschelt werden möchten, sollten wir respektieren. Diejenigen, die es mögen und freiwillig zulassen dürfen finde ich dann auch gekrault werden. Man muss sein Tier kennen(lernen), lernen seine Sprache zu verstehen und sich individuell auf den jeweiligen Charakter und die Bedürfnisse und Grenzen des Tieres einstellen. Das heißt auch, dass man fragen darf ob man das Meeri mal kraulen kann - wenn es dann aber geht, dann ist das auch ok. Vielleicht bleibt es irgendwann sitzen, vielleicht auch nicht. Wir mögen ja auch nicht von jedem oder immer geknuddelt werden ;)

  • Ich finde bei Meerschweinchen kommt es wirklich extrem auf den Charakter des Tieres an.

    Ich hatte von A bis Z bisher schon alle erdenklichen Varianten von Schweinchen - solche, die tatsächlich einfach nur reine Beobachtungs-Schweinchen waren, die ihr Leben lang schüchtern blieben, nicht angefasst werden wollen (eines hat sich auch nach 5 Jahren noch immer nicht getraut, aus der Hand zu fressen) - und dann hatte ich aber auch totale "Draufgänger" die super zutraulich waren, aktiv Streicheleinheiten eingefordert haben, sehr viel mit mit interagiert und kommuniziert haben, zwei haben sogar auf ihren Namen gehört und konnten einige "Kommandos" erkennen und ausführen.

    Bei keinem der Tiere hatte ich irgendwelche Zähmungs-Versuche unternommen, ich hab jedes Schwein gleich behandelt und einfach geschaut was passiert.

    Den meisten Leuten erkläre ich ehrlich gesagt auch, dass Meerschweinchen eher nur Beobachtungs-Tiere sind, einfach weil ich keinen falschen Eindruck erwecken will, aus Angst dass sie weiß-der-Geier-was erwarten und dann "enttäuscht" sind weil ihre Schweinchen nicht nach 2 Tagen schon auf Befehl Männchen machen können.
    Ich erzähle aber jedem der es hören will gerne von meinen "Ausnahme-Schweinchen", aber immer mit der Betonung, dass jedes Tier einzigartig und individuell ist und man jedes Schweinchen so lassen soll wie es ist und nicht versuchen soll sie auf Zwang "verbiegen" zu wollen :)

  • Da stimme ich dir absolut zu, allerdings muss man ja auch die ängstlichen und/oder nicht so zutraulichen Tiere zumindest 1x pro Woche TÜVen (oder sollte ;) ) bzw. hat spätestens, wenn sie mal krank werden würden das Thema, dass sie dann eben durch diese Form des Kontakts mit dem Menschen durch „müssen“.

    Wie hast du das dann mit solchen Tieren gemacht, bzw. wie siehst du das mit diesen charakterlich eben eher vorsichtigen Tieren?

    Es gibt sicher immer Tiere, die einfach super ängstlich sind und auch bleiben werden, bei denen man sich auf den Kopf stellen kann, und die trotzdem einfach nie auch nur annähernd „zahm“ werden. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel (in beide Richtungen, super zahm und super ängstlich, ggf. sogar aggressiv - je nach dem was ein Tier auch schon erlebt hat). Natürlich muss man sich in diesen speziellen Fällen auf sein Tier einstellen und sich da zu seiner eigenen Sicherheit und zur Sicherheit des Tieres zu helfen wissen, beispielsweise eben mit Kuschelsachen zum „Einfangen“ und Wiegen und für den TÜV, oder auch mit Handschuhen fürs Handling wenn erforderlich.

    Dennoch denke ich, dass die meisten Tiere mit sehr viel Zeit, sehr viel Geduld und durch wiederkehrende (vorsichtige!) Konfrontation mit ihren Ängsten bei jemandem der weiß, was er tut (!!!) und die Sprache des Tieres versteht, es schaffen können, sowohl übermäßige Ängste als auch Aggressionen wieder abzubauen. Aber wir reden hier über die wirklichen Extremfälle.

    Meine These wäre, dass die „normalen“ Meeris alle mit einer Art regelmäßiger (täglicher) Beschäftigung mit dem Tier zumindest mutiger und ruhiger im Handling werden können :) Und dass das ganz klar förderlich für die Mensch Tier Beziehung ist :)

    Es ist wie bei allem - es gibt „von, bis“ alles und alles dazwischen, die Individualität von Mensch, Tier und der gesamten Situation ist immer zu berücksichtigen (was manchmal gar nicht so leicht ist, weil wir als Menschen ja doch oft noch mit uns selbst überfordert sind ;) ).

    P.S.: man kann es natürlich immer als Zwang sehen und in gewisser Weise ist es das auch. Jedes „ich fasse das Tier an ohne dass dieses von selbst zu mir her kommt, sich auf meinen Schoß oder in meine Hände setzt“ ist ja an sich Zwang. Demnach dürfte ein TÜV erst stattfinden, wenn ich meinem Tier genau das zwanglos beigebracht habe… Aber was, wenn es vorher behandelt werden muss, weil es sonst stirbt? Es ist ein abwägen verschiedener Faktoren. Daher freu ich mich so über die Kuschelrolle, weil ich hier wirklich das Gefühl habe, dass es deutlich weniger Zwang und deutlich weniger schlimm für meine beiden (vor allem den Kleinen) ist. Frage … hat Überwindung von Ängsten immer auch mit Zwang zu tun? Muss ich mich als Mensch nicht auch „zwingen“, meine Ängste zu überwinden? Kann „Zwang“ auch „positive“ Auswirkungen haben? Ist es (wie gefühlt immer) einfach eine Sache des „wie“, des Gesamtbildes? :)

  • Ich merke den Unterschied bei meinen Schweinen extrem.

    Marshmallow und Monte kennen mich schon seit sie 4 Wochen alt sind. Als Babys habe ich sie täglich rausgeholt und alles gecheckt, um ihr Wachstum und ihre Gewichtszunahme gut im Blick zu haben. Marshmallow hatte zu Beginn oft Probleme mit Aufgasungen und deswegen musste ich ihn oft händeln und "untersuchen" Monte war eine einzige Baustelle. Immer wieder Milben, Zahnprobleme, ewig keine Gewichtszunahme... Ihn hab ich auch ständig in der Hand gehabt. Die beiden werden zwar jetzt nur noch wenn nötig rausgeholt weil sie ja ansonsten gesund sind aber dennoch ist da diese Ruhe. Ich kann sie einfach irgendwo hinsetzen, sie bleiben dort und warten. Krallen schneiden, Zähne anschauen, Popo-Fell kürzen alles ohne Probleme.

    Hino und Gizmo waren schonmal in Dauerbehandlung und mussten deswegen täglich rausgeholt werden. Hino mehr als Gizmo, weswegen Gizmo auch nicht so entspannt ist wie Hino. Hängt aber auch am Charakter. Hino ist eher ein unterwürftiges Schwein, der fast alles mit sich machen lässt wohingegen Gizmo ein großes selbstbewusstsein hat. Wenn er außerhalb des Geheges ist kennt er keine Furcht und trottelt auch mal davon. Aber bei beiden ist das Handling trotzdem relativ einfach.

    Lucky hingehen ist schon von Natur aus nervös. Er war schon erwachsen als ich ihn geholt habe und er ist der Inbegriff des blühenden Lebens. Noch nie gab es irgendein gesundheitliches Problem mit ihm. Er wird also in der Regel nur zum Krallen schneiden rausgeholt. Auch wenn das schon ein klein bisschen besser geworden ist, da er mich ja jetzt auch schon sein halbes Leben kennt, gibt es Geschrei, er zappelt, es dauert ewig und wenn es zu lange geht beißt er auch in den Griff der Schere.

  • Tini ist auch ein ganz zutrauliches Schweinchen aber sie macht Unterschiede was verschiedene Familienmitglieder betrifft. Bei meinem Mann und Sohn fordert sie Streicheleinheiten (und Leckerlis) ein, liegt dabei ganz entspannt und lässt sich mit beiden Händen richtig durchmassieren. Sie weiß, dass sie von den männlichen Streichlern nicht herausgenommen wird. Bei mir und meiner Tochter (wir machen den TÜV) kommt sie auch gerne aber da passt sie sehr gut auf ob nicht die zweite Hand dazu kommt, dann ist sie weg 🥴 wir dürfen nur mit einer Hand streicheln...

  • Auch ich gehöre zu den Vertreterinnen, die allen Meerschweincheninteressierten einbläuen, dass das a) reine Beobachtungstiere sind die b) nicht zwangsbekuschelt werden wollen und die ergo c) für Kinder völlig ungeeignet sind. Ich gehöre sowieso zu der Gattung Menschen, die Interessierten eher von der Anschaffung von Meerschweinchen ab- als zuraten, denn ich bin mir einfach bewusst, wie viel "Aufwand" mit diesen Tieren verbunden ist und wie auch die Kosten in die Höhe schnellen können. Vom Platzbedarf mal ganz abgesehen. Und ja, wer will sowas schon... eben. Wir hier ja, die meisten Normalos eben nicht. Schon gar nicht auf lange Sicht.

    Ich gehöre aber auch zu den Menschen, die in einem anderen Forum quasi gelyncht worden sind, da ich meine Tiere täglich vom Gehege in den Auslauf und wieder zurück trage, ergo also - in den Augen einiger, naja, Fanatiker - diese sich von mir täglich angrapschen lassen müssen.

    Und dabei, naja, es kommt halt immer drauf an! Auf's Tier vor allem, auf die Gewöhnung, die Anreize, die Situation, auf die eigene ruhige Ausstrahlung etc.

    Ja, ich trage meine Meeris täglich kurz rum und hauche ihnen dabei schon auch mal das eine oder andere Küsschen auf's Öhrchen. Ich gestehe. Verstörte, panische Tiere, die im Falle eines Tierarztbesuches oder einer anderweitigen Behandlung (Nägel kürzen, TÜV, wiegen etc) in Schreckstarre verfallen, kenne ich schlichtweg nicht. Die freuen sich auf ihren täglichen Auslauf (Tapetenwechsel eben) und sie freuen sich auch, wenn sie danach wieder in ein frisch gemistetes Gehege mit einer frisch gepflückten Portion Gras zurück dürfen. Das ist so ein Ritual.

    Immer wieder habe ich auch Meerschweinchen, die mir regelrecht auf den Arm springen von sich aus. Oder auch welche, die es tatsächlich mögen, wenn sie auf dem Schoss liegen dürfen, gestreichelt werden, dabei strecken sie entspannt die Beine von sich und schlafen teilweise ein. Ja doch, nach einigen Jahren Erfahrung kennt man den Unterschied zwischen Schreckstarre und Genuss!

    Was Kinder anbelangt: mangels eigener Kinder kann ich dazu nichts sagen, doch Beobachtungen anhand der Tochter (6) unserer Nachbarn lassen mich zum Schluss kommen: es kommt eben auch da drauf an! Sie durfte von klein auf immer wieder unsere Meerschweinchen besuchen und hat perfekt gelernt, wie man sich Fluchttieren nähern sollte und die Schweinchen merken sowas sofort. Lassen sich von ihr füttern und teilweise auch mal den Kopf kraulen.

    Als erfahrener Tierhalter merkt man doch, ob es dem Tier gut geht, ob es Spass hat, entspannt ist und vertraut. Das denke ich jedenfalls.

  • Dass ich es auch für sinnvoll halte, wenn Meerschweinchen ein gewisses Vertrauen zu Menschen aufbauen und sogar (wenn möglich) aktiv ein paar Dinge lernen, hatte ich schon oben geschrieben. Seitdem ist mehr als ein halbes Jahr vergangen, in dem für mich ein weiterer Grund dazu gekommen ist.

    Das mag vielleicht etwas komisch klingen und ist eher ein Nebeneffekt als Grund zum "Zähmen", aber ich glaube zahmere Meerschweinchen bekommen unter Umständen eine bessere Behandlung in Tierarztpraxen. Das trifft nicht auf den gelegentlichen Besuch bei Kleinigkeiten zu, aber womöglich bei längeren Geschichten und Operationen.

    Als ich mit Brownie zu einer anderen Praxis musste, weil meine Stammpraxis im Sommer wegen Urlaub übervoll war, hatte ich auch Sorge, dass mein kleines Meerschweinchen neben den Hunden und Katzen etwas untergeht. Wie so häufig musste für mich ein OP-Termin zwischengeschoben werden und ich hatte keine andere Wahl als ihn von einem Familienmitglied vorher versorgen zu lassen und nach der OP von dem Praxisteam- inklusive Päppeln.

    Ich glaube einfach, dass es in solchen Fällen von Vorteil ist, wenn die Personen, die das Meerschweinchen versorgen, operieren etc. einen schnellen Bezug zu ihm bekommen. Vielleicht schaut man dann doch nochmal gründlicher oder hat länger Geduld beim Päppeln. Und ich brauche keine Angst haben, dass mein Meerschweinchen aus Panik irgendwo gegen springt oder wegrennt.

    Bisher hatte ich wirklich Glück (hoffentlich verschreie ich es nicht), aber ich mache mir wirklich Sorgen, wie das mit Goofy laufen würde, wenn er krank würde. Ihn hatte ich gestern routinemäßig kontrolliert und er saß danach so lange auf einem Fleck im Gehege, bis ich mehrere Meter weggegangen bin. Das ist für ihn mit Sicherheit nicht schön.

  • Hier muss kein Tier "handzahm" sein, uns ist wichtig das wir die Tiere händeln können. Es bekommt auch jedes Tier seine Zeit sich an uns zu gewöhnen. Was ich festgestellt habe ist das sie im Alter oft entspannter werden.

    Gut, Trudi könnte eine Ausnahme bleiben. Sie hat keinen Vertrag mit Menschen, das ist als Langhaar ein bisschen nachteilig. Aber wir sind mit ihr inzwischen soweit das es nur beim raus nehmen Theater gibt. Sie wird dann schnell wieder ruhiger.

    Fun Fact, wenn Besucher kommen sind erstmal alle Schweine weg. Nach einer Weile kommen dann die Mutigen wieder zum Vorschein. Auf uns reagieren sie viel entspannter und zutraulicher (die meisten jedenfalls ;) )

    LG Tasha mit

    Yuki (12.12.2018), Abby Sciuto (19.04.2020), Penelope Garcia (10.03.2022), Trudi Monk (10.03.2023),Raffi (01.04.2023), Bo-Katan (15.02.2024), Mae (03.05.2023), Scotty (15.09.2023)

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