Meine Einschätzung
2. Welches Verhalten sieht man und was bedeutet es?
Das neue Böckchen geht sehr stark auf die anderen zu, ist teilweise sehr aufdringlich, lässt aber nach, wenn er zurückgewiesen wird durch Kopfnuss, angedeutetes Beißen in seine Richtung oder Pippidusche. Mit der Zeit steigert sich seine Aufregung, aber dann findet er auch wieder etwas Ruhe zum Hinlegen und Putzen und Gähnen. Er wirkt, außer als Gatsby aufdreht, nicht aggressiv.
Intensives Schnuppern am Hinterteil, Versuche zu Besteigen und Aufscheuchen sind Dominanzgesten. Hinlegen, Putzen und Gähnen signalisieren: ich will Entspannung. Das Brommseln ist m.E. hier eine Mischung aus Dominanzgeste und Umwerben. Kopfhochwerfen oder gar Aufbäumen, offenes Mäulchen und Querstellen sind Drohgesten.
Ab etwa Minute 8 eskaliert es, als er wiederholt versucht, auch Gatsby zu besteigen. Sie wehrt sich dagegen und schnappt auch bald zu. Sein Fell in ihrem Mäulchen sieht man deutlich danach.
Gatsby wehrt sich also gegen seinen Anspruch, will aber vor allem mehrfach der Situation entfliehen. Sie steht an der Tür zum Gehege und will dringend dorthin ausweichen. Sie droht dem Neuen mitunter, aber seit ihrem Angriff, rennt sie letztlich immer wieder vor ihm davon. Ihr Frust oder der befürchtete Kontrollverlust oder die Aufregung lassen sie sehr aggressiv werden gegen ihre vertrauten Gruppenmitglieder. Sie jagt sie, schnappt nach ihnen und reißt auch Fell aus. Teilweise rennen sie auch einfach in einander was sie zum Hacken bewegt.
Die anderen Weibchen scheinen kein Problem mit dem Neuen zu haben, leiden nur mitunter unter dem Aufruhr im Zusammenhang mit Gatsby.
3. Was hätte man tun können, um den Tieren besser bzw. zusätzlich zu helfen?
Für 5 Meerschweinchen hätte die Fläche größer und durchgehen mit Stoff belegt sein sollen. Die Tiere hätten dadurch eher etwas zur Ruhe kommen oder einander aus dem Weg gehen können.
Dem neuen Böckchen hätte vermutlich eine Zeit der Gewöhnung an die neue Umgebung und evtl. auch an die neuen Artgenossen geholfen, gelassener zu sein. Vermutlich wäre es auch gut gewesen, wenn er sich zunächst alleine mit dem Auslauf - den die anderen ja kannten - hätte vertraut machen können.
Viel Frischfutter von Anfang an hätte helfen können, die Tiere gemeinsam entspannte, positive Erfahrungen machen zu lassen. Sie waren keineswegs so aggressiv, dass das nicht angenommen worden wäre.
Als die Situation immer turbulenter wurde, hätte ich Gatsby in das Gehege gelassen, wie sie es ja wollte. Falls der Neue sich daraufhin nicht wieder entspannt hätte, hätte ich ihn auch für ein paar Minuten herausgenommen, um zur Ruhe zu kommen. Ich vermute aber, dass es ohne Gatsby sowieso schnell ruhiger geworden wäre. Das hätte den verbliebenen 4 Tieren eine Gegelegenheit gegeben, sich ruhig miteinander vertraut zu machen. Sobald Gatsby wieder zum Auslauf zurückkehren wollte, hätte ich sie wieder dazu gelassen.
Durch die Pforte zum Gehege hätte ich vorerst nur alte Gruppenmitglieder gelassen. Damit hätten sie selbst entscheiden können, wann und wie lange sie mit dem Neuen zusammensein wollen, statt dazu gezwungen zu werden.
Ich hätte versucht, bei Bedarf die Tiere mit Worten zu beruhigen.
4. Wie ist die Vergesellschaftung ingesamt zu bewerten?
Die Vergesellschaftung hätte m.E. keineswegs abgebrochen werden müssen.
Wenn Gatsby rechtzeitig hätte weggehen dürfen, hätte sie auch keinen Biss abbekommen.
Ein kleiner Biss im Bereich des Mäulchens bei einem Tier, dass selbst aggressiv war, wäre für mich kein Grund abzubrechen. Er ist vermutlich bei Minute 15 passiert, als die beiden sich halb angesprungen haben. Es war nicht einmal eine richtige Rauferei. Und zuvor hatte man nie einen Versuch von dem Böckchen gesehen zu beißen.
Mit richtiger Unterstützung durch den Halter, wären 4 der 5 voraussichtlich schnell friedlich miteinander umgegangen und Gatsby hätte sich vermutlich auch bald ganz untergeordnet, wenn sie dafür Zeit und Raum gehabt hätte.