Ich hatte mal ein Schweinchen namens Cappuccino. Als sie ca. 5 Jahre alt war, wurde ein Tumor an der Gebärmutter festgestellt.
Da sie sonst noch fit, stark und agil war, hatten wir beschlossen, die ganze Gebärmutter samt Tumor zu entfernen.
Leider hatte sich bei der Operation dann herausgestellt, dass der Tumor nicht nur an der Gebärmutter saß, sondern auch bereits an den umliegenden Organen klebte, vor allem am Darm.
Ich musste dann am Telefon entscheiden, ob Cini noch am OP-Tisch eingeschläftert werden soll, oder ob die Tierärztin den Tumor so weit es geht entfernen und das Schwein wieder zusammenflicken soll, in der Hoffnung, dass der Tumor nicht schnell wuchern wird und Cappuccino noch ein paar schöne Monate oder gar Jahre haben kann.
Ich hatte mich für Letztes entschieden.
"Sie will noch leben!"
"Sie ist ja noch so lebensfroh! "
Das waren meine Gedanken.
Die folgenden 4 Monate waren, gelinde gesagt, ein Albtraum.
Jeden Tag 3 Mal Verband wechseln, dazu musste ich sie auf den Rücken legen, Eiter entfernen, reinigen etc, zweimal hatte sich die Wunde infiziert, musste ingesamt 3 mal neu genäht werden, der Heilungsprozess hat ewig gedauert...
"Cini ist so tapfer" dachte ich mir.
Bereits nach einer Woche hatte sie die Prozedur anstandslos über sich ergehen lassen, ohne Zappeln und ohne Ziepen.
"Sie hat bestimmt erkannt, dass ich ihr nur helfen will, sie hat verstanden, dass es ihr bald besser geht wenn sie mich das machen lässt."
So hab ich es mir zumindest schöngeredet. Wahrscheinlich als eine Art Selbstschutz, um mich nicht dafür zu hassen was ich ihr eigentlich antue...
Nach 4 Monaten war die Wunde endlich heil und Cappuccino hat danach tatsächlich noch fast 1 ganzes Jahr lang ohne Probleme gelebt, bevor der Tumor erneut angefangen hat zu wuchern.
Eine zweite OP kam für mich dann aber nicht mehr in Frage und wir haben sie eingeschläftert bevor es hässlich werden konnte.
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Was ist die Moral von der Geschichte?
War es wirklich richtig, ihr diese langwierige Tortur zuzumuten? Ihr die Schmerzen aufzubürden?
Wahrscheinlich nicht.
Bereue ich meine damalige Entscheidung jetzt im Nachhinein?
Ehrlich gesagt nein, denn sie hatte ja dadurch noch ein ganzes Lebensjahr gewonnen, auch wenn dieser Gedanke egoistisch sein mag.
Würde ich mich in einer vergleichbaren Situation noch einmal so entscheiden?
Nein. Auf keinen Fall.
Zumindest denke ich das jetzt, in einer neutralen Ausgangslage.
Sollte es tatsächlich nochmal so kommen, wer kann schon wissen wie ich dann tatsächlich reagiere, wenn die Emotionen hochkochen und ich geblendet bin von Trauer und Verzweiflung...
Ich weiß nur, dass ich damals in der Situation immer der festen Überzeugung war, richtig und zum Wohle des Tieres zu handeln.
Ob das genügt, um sich nach einer eventuellen Fehlentscheidung nicht schuldig fühlen zu müssen, sei dahingestellt.