Vermutlich kommen wir nicht weiter, wenn wir versuchen die Ernährung der wilden Vorfahren nachzuahmen. Den diese nachzustellen wird uns nie gelingen. Vielmehr sollten wir herausfinden, was unsere individuellen Tiere langfristig sehr gut vertragen. Da die Gräser in den Anden andere sind, als die die ich hier in Mitteldeutschland finde, kann man das einfach nicht vergleichen. Selbst wenn die Verdauung der Tiere noch 1:1 die gleiche wäre.
Es gibt meines Wissens nach zwei Hauptgründe, welche für Frischfutter ad libitum sprechen.
1. Zahngesundheit (Zahnabrieb)
2. Darmgesundheit
Dazu kommen natürlich auch noch andere Erkrankungen, denen man durch Frischfutter vorbeugen möchte. Z.B. Blasen- und Nierensteinen.
Offensichtlich schützt eine ad libitum Ernährung aber nicht konsequent vor Zahnproblemen. Auch nicht vor Aufgasungen oder anderen Verdauungsbeschwerden. Zahnprobleme entstehen meiner Erfahrung nach meistens nicht durch falsches Futter, sondern in Folge anderer Erkrankungen oder schlechter Genetik (z.B. zu kleine Köpfe). Es müsste also wirklich schwer sein, zu sagen, ob Meerschweinchen die viel trockenes Futter bekommen wirklich eher zu Zahnproblemen neigen.
Und bei Verdauungsbeschwerden? Auch da kann man, wie ich finde, schlecht ein Urteil sprechen. Wenn ich ein Notfellchen aufnehme, welches von Klein auf nur Trockenfutter und Möhren kannte, dann könnte (!) es sein, dass seine Dramflora mit dem frischen Grünfutter einfach nicht zurecht kommt. Hingegen würde es Trockenfutter weiterhin ganz gut vertragen. Andere Schweinchen hingegen vertragen Frischfutter sehr gut. Den Grund für diese Unterschiede herauszufinden, dürfte extrem schwierig sein.
Selber hatte ich nur ganz selten mal Aufgasungen bei meinen Kleintieren. Wenn, dann gab es meistens eine andere Erkrankung die dazu führte, dass die Tiere schlecht fraßen. Das ist aber nur meine persönliche Erfahrung.
Was ich damit sagen will, wir drehen uns im Kreis. Um herauszufinden welche Ernährungsform gesünder/ risikoärmer ist, müsste man großangelegt mehrere Gruppen über Jahre beobachten. Sehr sehr viele Gruppen, bestehend aus verschiedenen Rassen. Der einzige Unterschied in der Haltung dürfte die Ernährung sein.
Persönlich kann ich mir nicht vorstellen dass Trockenfutter "gesund" ist, was aber nicht bedeutet dass so ernährte Tiere immer krank werden. Umgekehrt bedeutet eine vielfältige, frische Ernährung nicht, dass die Tiere niemals erkranken... .
Vielleicht könnte man argumentieren, dass überwiegend mit Trockenfutter ernährte Meerschweinchen im Falle einer Erkrankung zusätzlich eher zu Aufgasungen tendieren- oder eben umgekehrt! Ich wünschte mir wirklich dass wir dazu viel mehr Daten hätten, z.B. aus Kliniken/ Tierarztpraxen.
Thema Futterpausen: Eine Theorie, nur eine Theorie, vielleicht fressen wilde Schweinchen Nachts vermehrt Kot? Oder zu Zeiten, in denen sie wenig Futter finden können. Meine Schweinchen knabbern gerne am Heu, während sie entspannen. Vielleicht machen wilde Schweinchen das auch, nur dass sie das knabbern, was sie finden können. Ich weiß nicht, ob sie ihre Höhlen mit Nistmaterial füllen. Das fressen von Kot an sich ist ja nichts ungewöhnliches. So könnten sie längere Phasen ohne Futter überbrücken. Die Verdauung kommt nicht komplett zum erliegen, da immer wieder wieder kleine Mengen nachkommen.
Persönlich würde ich lange Futterpausen nie erzwingen. Aber es muss nicht immer alles da sein. Heu ist sehr wichtig, dazu noch Reste vom Frühstück ist, denke ich, genug. Wenn sie wirklich Hunger haben fressen sie schon.
So sehr ich die modernen Zuchtziele verwerflich finde, halte ich das Argument der Inzucht trotzdem für nicht belegt. Es kann natürlich die Ursache vieler Probleme sein, aber genauso gut auch nicht.
Mir ging es nicht speziell um Inzucht, eher um Zucht auf Kosten der Tiere. Z.B. sehr kurze, runde Köpfe mit weniger Platz für die Zähne.
Ab und an ist dann da rausgekommen, dass ein Tier eine Krankheit weitervererbt hat. Das ist dann überall in der Linie verteilt und wird, wenn es homozygot vererbt wird, dort tendenziell häufiger auftreten als bei anderen Tieren, da sich mehr Träger dieser Krankheit in der Rasse tummeln und gleiche Linien gerne miteinander gekreuzt werden, da sich die Gründer durch ihre guten Eigenschaften bewährt haben.
Das zum Beispiel. Oft wird mit Meerschweinchen bereits recht jung weitergezüchtet, ohne zu wissen ob sie besonders krankheitsanfällig sind. Um zu wissen ob ein Meerschweinchen robust ist, müsste man eigentlich einige Jahre warten- was logischerweise nicht möglich ist. Aber auch umfassende und teure Untersuchungen (Wie sie z.B. Zuchtpferde oder Hunde durchlaufen) werden wahrscheinlich eher nicht gemacht. Sehen die Schweinchen optisch gut aus und gibt es keinen Grund zur Annahme dass sie krank sind, wird weiter gezüchtet. Dabei entpuppen sich Krankheiten oder Tendenzen oft erst im Alter, wenn überhaupt. Herzprobleme bei Kaninchen großer Rassen sind sehr gängig. Diese bekommen meistens erst Probleme wenn sie älter werden. Würde man kranke Tiere konsequent aus der Zucht nehmen, könnte man das Risiko eindämmen. Aber das liegt leider nicht im Interesse (oder der Macht) der meisten Züchter.
Und es hat auch damit zu tun - aber das gehört hier nur am Rande her - was wir als artgerechte Haltung betrachten. Wenn jemand mit dem Argument z.B. Bockgruppen ablehnt ist das schlicht und einfach absurd. Unsere Haltung von Meerschweinchen ist nie artgerecht, aber hoffentlich trotzdem gut für die Tiere - also tiergerecht.
Das ist es. Wir können niemals die perfekte Haltung oder Ernährung bieten. Aber wir können weiterhin versuchen das Beste für sie raus zu holen .