Ich wollte noch etwas zu meinen Recherchen zu Osteadystrophia fibrosa (OD) bei Meerschweinchen schreiben.
Man muss drei verschiedene Formen von OD unterscheiden:
- OD verursacht durch eine rezessiv vererbte Genmutation: offenbar nicht behandelbar, nicht aufzuhalten und nicht heilbar (ggf. hätte das Selma). Es handelt sich um eine Stoffwechselerkrankung, die dem Knochen Kalzium entzieht, aber nicht wieder aufbaut. Das Kalzium wird im Knochen durch Bindegewebe ersetzt. Die genaue Pathophysiologie (= wie es genau funktioniert) ist nicht geklärt.
- OD verursacht durch kalziumarme Ernährung: Kann durch kalziumreiche Ernahrung (+ Vitamin D + ausreichend Magnesium) verbessert werden. Oft wird kalziumarme Nahrung zur Behandlung von Nierensteinen oder Blasengries empfohlen. Also Vorsicht.
- OD verursacht durch Erkrankungen anderer Organe (Nebenschilddrüse, Niere ...): Kann durch Behandlung der Grunderkrankung in vielen Fällen verbessert werden, hängt aber von der Grunderkrankung ab.
Leider habe ich keine neuen Forschungsergebnisse gefunden. Das meiste ist von 2000-2010. Das neueste war das hier: Eva Stoffels-Adamowicz: The Satin Syndrome in Guinea pigs. Dissertation, Universität Ghent, Fakultät für Tiermedizin, 2013–2014. Hier geht es aber um Satin-Meerschweinchen und nur ganz am Rand um OD.
Viele Quellenangaben bezogen sich gar nicht auf eine Studie zu OD bei Meerschweinchen, sondern waren lediglich Verweise auf ein paar wenige Seiten in einem "allgemeinen" Buch für Tiermediziner. Andere Quellenangaben bezogen sich auf den Krankheitsverlauf einzelner Tiere, also auch nicht sehr aussagekräftig.
Vermutlich gibt es für die Hersteller von Medikamenten wenig an OD bei Meerschweinchen zu verdienen. Deshalb wird keine Forschung in dieser Richtung bezahlt.
Die Seite der Meerschweinchenwiese wurde hier bereits genannt:
https://meerschweinchenwiese.d…rankungen/osteodystrophie
Dort steht, dass OD früher bei Satin-Meerschweinchen häufig war. Verantwortungsvolle Züchter haben aber reagiert so dass Tiere aus solchen Zuchten nun kaum noch betroffen sind. Außerdem sind nur bestimmte Zuchtlinien betroffen. Das lässt für Selma hoffen.
Andererseits wurde gerade in Deutschland das Satin-Gen über fast alle Zuchtlinien aller Rassen durch Tiere verteilt, die das rezessive Gen nur als verdeckte Träger hatten, aber nie daran erkrankt sind. Es kann also mit gar nicht so geringer Wahrscheinlichkeit überall, vor allem bei reinrassigen Tieren, auftreten.
Im September 2015 gab es einen Aufruf an alle Satin-Meerschweinchen-Halter von Dr. Anja Ewringmann und Dr. Thomas Göbel von der Freien Universität Berlin. Die Tierhalter sollten von ihren Satin-Meerschweinchen, ihren Erkrankungen.... berichten. Die beiden Tierärzte wollten eine Studie an Satin-Meerschweinchen zu OD in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen machen. Diese Studie habe ich aber nirgends gefunden. Möglicherweise kam sie nie zustande. Vielleicht könnte man da einmal nachfragen.
Außerdem noch interessant: Bei Verdacht auf OD reicht ein normales Röntgen nicht aus. Becken- und Oberschenkelknochen in Rückenlage bei abgespreizten Beinen (wie HD-Untersuchung beim Hund) und Schädel in zwei Ebenen (seitlich und von oben).