Termin beim Tierarzt
Die Tierärztin hat mit mir nochmal genauer die Röntgenbilder besprochen, die gemacht wurden, als er unter Narkose lag, und mir erklärt was sie darauf sieht.
Brownie hat Tendenzen zu einem Unterbiss. Er schiebt seinen Unterkiefer ein kleinen Stück zu weit vor, sodass die unteren Schneidezähne nicht ein Stück hinter den oberen Schneidezähnen stehen, sondern genau darunter. Sie hat in Narkose und im Wachzustand (was deutlich schwieriger ist) geprüft, ob er den Kiefer auch in Normalstellung halten könnte, oder ob es eine Blockade gibt. Er könnte es definitiv.
Der restliche Kiefer und die Backenzähne haben - abgesehen von den kleinen Spitzen an den Backenzähnen auf der einen Seite - keine Auffälligkeiten. Die Tierärztin hat mir erzählt, dass sie die Woche davor auf einer Fortbildung zum Thema Röntgenbilder lesen bei Heimtieren (nicht der genaue Name des Seminars) war und danach ihre Messungen der Zähne und die Bilder nochmal überprüft hat. Die Proportionen sind wirklich alle normal.
Trotzdem gibt es offensichtlich ein Problem. Deshalb hier mal alle Theorien, die angesprochen wurden:
- Die Kieferknochen wurden während der Mittelohrentzündung angegriffen
- Es gibt doch ein Problem an den Backenzähnen, das durch das Röntgen nicht erkennbar ist
- Etwas blockiert die normale Bewegung seines Kiefergelenks
- Er hat Muskelverspannungen im Kiefer wegen der Fehlhaltung seines Kopfes entwickelt
- Brownie hat sich während der Mittelohrentzündung oder sonst einfach diese Haltung einfach angewöhnt
Alles sehr vage Vermutungen, aber das was die bisherigen Untersuchungen und sein Verhalten seit dem Kürzen hergeben.
Ich versuche mal widerzugeben, was meine und die Gedanken der Tierärztin zu den Theorien ist und was man tun könnte
zu 1. Es kann keinen gravierenden Knochenschwund geben, weil man das im Röntgenbild sehen würde. Im CT könnte man auch kleinere Schäden an den Kieferknochen oder beginnende Athrose sehen, aber außer die Symptome behandeln wäre nicht möglich.
zu 2. Wenn er ein Problem an den Backenzähnen hat, das nur im CT erkennbar ist, bleibt in der Regel nur Zahn ziehen, weil ohnehin alles winzig ist im Kiefer. Nur ist die Progrose bei Meerschweinchen mit großer Zahnlücke nicht gut, weil die Wunde oft schlecht heilt und es zu noch mehr Problemen kommt. Das musste ich bei Gizmo erleben, der wegen einfacher Zahnlücken eine Parodontitis entwickelte und deckt sich mit der Aussage der Zahnspezialistin bei der Frage, ob man Peanuts Makrodonten rausoperiert. So wie es jetzt um Brownie steht, würde ich mich also vermutlich dagegen entscheiden.
zu 3. Das Ohr und das Kiefergelenk sind sehr nah beieinander bei Meerschweinchen. Rein theoretisch könnte es dort etwas an den Muskeln oder Knochen geben, das Brownie einschränkt. Allerdings müsste es unsichtbar fürs Röntgen sein.
zu 4. Das ist eine der wahrscheinlichsteren Theorien. Die Tierärztin wusste zwar nicht, ob es das für Meerschweinchen gibt, aber meinte ein Physiotherapeut könnte hilfreich sein. Anhand von Brownies Verhalten bei der Untersuchung konnte man leider nicht sagen, ob er Schmerzen hat oder ihm Unwohl ist, weil er sich einfach grundsätzlich so gesträubt hat (er möchte nichtmal, dass man seine Schneidezähne anschaut).
zu 5. Eine etwas kuriose Theorie, aber ich halte es nicht für unwahrscheinlich. Brownie ist ein bisschen speziell in seinem Verhalten. Wenn er rennt, baut er immer ein paar Hoppler mit ein wie ein Kaninchen. Wenn ich ihn auf den Arm nehme, setzt er sich manchmal auf seinen Po, sodass er aussieht wie ein Goldhamster. Und seit er hier ist lachen wir darüber, dass er, wenn er gestört wird, mit dem Kopf rumschnellt und dich empört anschaut, ohne den Körper mitzudrehen. Das klingt alles süß (und ist es auch), aber ich hatte wegen all dem letztes Jahr mal den Verdacht, dass er einen kleinen Schlaganfall hatte. Das ist aber super schwer für mich zu sagen, weil er ja noch nicht so lange bei mir ist und sich so verhält, seit die Vergesellschaftung rum ist und er sich eingelebt hat.
Nach dem ganzen Roman, hier meine Entscheidung, was ich weiter tun möchte:
Ich habe mich fürs Erste gegen ein CT entschieden. Das müsste in der Zahnklinik unter Vollnarkose gemacht werden (bei sehr ruhigen Meerschweinchen geht es auch wach, aber dazu gehört Brownie nicht) und ich habe 2x erlebt, wie auslaugend das für Meerschweinchen ist. Ich schließe ein CT in der Zukunft nicht aus, aber möchte es wenn dann erst, wenn Brownie wieder ein normales Gewicht hat und einen Rückschlag besser verkraften könnte. Die Tierärztin fand das sehr nachvollziehbar unter den Umständen.
Stattdessen machen wir jetzt erstmal so weiter, dass Brownie Schmerzmittel bekommt und wir abwarten, ob sich sein Zustand verbessert, gleich bleibt oder verschlechtert. Sollte es schlechter werden, kann ich ohne Vortermin direkt einen Termin zum Abschleifen vereinbaren. Gleichzeitig werde ich versuchen mehr Informationen zu Physiotherapie und ggf. Tierphysiotherapeuten zu bekommen. Silke und IrishGirl ihr seid da ja auch im Thema drin.
Für den Fall, dass keine klare Ursache gefunden werden kann oder das Naheliegenste wirklich ist, dass Brownie einfach seinen Kiefer nicht ideal benutzt, habe ich auch angesprochen wie seine Zukunft aussehen könnte.
Stand jetzt kann Brownie sich eigenständig, meerschweinchengerecht und gesund selbst ernähren. Er ist auch nicht niedergeschlagen und nimmt normal am Leben teil. Wenn wir diesen Zustand halten könnten mit ggf. alle paar Wochen Zähne abschleifen und Schmerzmittel, wäre das absolut vertretbar. Die Tierärztin sagte dazu, sie hätte persönlich kein Problem damit ihrem Meerschweinchen lebenslang Schmerzmittel zu geben, wenn es damit gut leben kann - auch wenn es dadurch am Ende 6 Monate kürzer lebt wegen der Langzeitfolgen. Dem stimme ich zu, sollten wir in ein paar Monaten zu dem Ergebnis kommen, dass wir nicht mehr tun können.
Wie ihr seht gibt es leider keine geradlinige, zufriedenstellende oder einfache Behandlung.